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Disput vs. Despot

Autorenbild: Andreas KarischAndreas Karisch

Aktualisiert: 14. Sept. 2022

In der vergangenen Woche gab es zwei, von jeweils vielen namhaften und ernst zunehmenden Persönlichkeiten unterzeichnete, offene Briefe. Beide fordern die Bundesregierung in konträrer Weise zu einem bestimmten Handeln gegenüber der Ukraine auf. Die einen verlangen ein Ende der Waffenlieferungen und Friedensverhandlungen, um eine atomare Eskalation zu vermeiden. Die anderen verlangen die Lieferung schwerer Waffen, um eine Ermunterung zu einem Angriff auf NATO-Staaten zu verhindern. Dieser Disput wird in der Öffentlichkeit und im Regierungslager bereits von Anfang an geführt. Es ist ein Abwägungsprozess, der zur DNA unserer Demokratie gehört und damit fester Bestandteil unserer Regierungstradition ist. (Ein besonnenes Regieren benötigt allerdings ein beherztes Kommunizieren, damit Besonnenheit nicht als Zögerlichkeit wahrgenommen wird.)



Aus der Abfolge der bisherigen Kriege und Überfälle des Despoten Putin in Tschetschenien, Georgien (Abchasien / Südossetien), Ukraine (Donbass/Krim) und Syrien, wissen wir, dass er sich durch seine Erfolge und die wenigen milden Aufschreie bestätigt und ermutigt sah weiterzumachen. Hinzu kommen einseitig gebrochene Verträge und die Verweigerung mit der Ukraine Frieden oder auch nur einen Waffenstillstand zu schließen. Zwangsläufig ist daher die Notwenigkeit, ihm und seinen verbrecherischen Schergen alles entgegenzusetzen, was es braucht, um einen Sieg und weitere Taten zu verhindern. Massive Waffenlieferungen sind also unumgänglich, führen zwangsläufig aber auch zu einem erhöhten atomaren Risiko, da Putin, durch die Weltgemeinschaft in die Ecke gedrängt, vielleicht keinen anderen Ausweg mehr sieht. Dennoch ist der Einsatz von Atomwaffen deutlich geringer als die Wahrscheinlichkeit weiterer gewaltsamer Landnahmen im Falle eine Sieges Russlands. Das liegt an der immer noch funktionierenden gegenseitigen Abschreckung von atomaren Schlägen und dem historisch belegbaren Überlebenswillen von Despoten, solange diese noch Chancen auf einen Machterhalt, weiteren Reichtum und einen Eintrag in die Geschichtsbücher sehen. Unter diesen Gesichtspunkten ist der Wunsch nach „Frieden statt Waffen“ nachvollziehbar und als Sehnsucht in uns allen verankert und dennoch in der jetzigen Lage kindlich-naiv und realitätsverweigernd. Dennoch begrüße ich beide offenen Briefe und Positionen. Dieser angefachte Disput, so wie der Disput an sich und insbesondere auch der Journalismus, bedeuten Vielfalt und die Möglichkeiten von Abwägungen. Es ist ein bedeutendes Korrektiv, welches in der despotischen Gesellschaft und Politik Putins fehlt. Andreas Karisch


 
 
 

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